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Zu diesen Kernzeiten veröffentlichen Publisher ihre Artikel

Trotz der Möglichkeit, jederzeit Artikel veröffentlichen zu können, gibt es Faktoren, die Stoßzeiten beeinflussen. Neben dem herkömmlichen Nutzerverhalten ist das vor allem: die Kernarbeitszeit, die mit Schichtarbeit auch im Journalismus vom Vormittag bis in den Abend hineinreicht. Unsere Analyse aber zeigt, wer beispielsweise durch verlängerte Schichtsysteme oder Auslandsbüros auch nachts produziert – und wo das Online-Geschehen noch von Print-Rhythmen beeinflusst wird.

Dafür hat das Daten-Startup azernis zusammen mit Medieninsider die Veröffentlichungszeitpunkte von elf überregionalen Online-Publishern untersucht. In den vier Wochen vom 9. Januar 2023 bis zum 5. Februar wurden alle Artikel, die innerhalb der obersten 20 Positionen auf den Startseiten von Bild, FAZ, Focus Online, NTV, RND, Spiegel, Stern, SZ, Tagesschau, Welt und Zeit veröffentlicht wurden, analysiert.

Insgesamt zeigt sich, dass der Tag in den Redaktionen früh beginnt. Die ersten Artikel erscheinen zwischen 6 und 7 Uhr morgens, der Großteil jedoch nach 9 Uhr. Dass die Veröffentlichungen der Kernarbeitszeit folgen, lässt sich auch daran erkennen, dass die meisten Artikel zwischen 16 und 17 Uhr erscheinen. Das deckt sich nicht wirklich mit dem Nutzungsverhalten der Leser, die sich morgens überwiegend zwischen 7 Uhr und 9 Uhr (teilweise bei einigen Nutzergruppen auch noch früher) über die Nachrichten informieren. Hier sticht Focus Online heraus. Dort erscheinen sehr viele Artikel bereits vor 6 Uhr – in unserem Untersuchungszeitraum erscheinen nur in der Stunde zu 11 Uhr noch mehr Artikel. Allerdings: Ab 16 Uhr nehmen die Veröffentlichungen pro Stunde kontinuierlich ab. Bei der Süddeutschen hingegen scheint der Redaktionsbetrieb erst so richtig ab 10 Uhr zu starten. Für die morgendlichen Leser gibt es also mehr Content vom Vortag und weniger Neues, ähnlich wie in einer gedruckten Ausgabe.

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Eindeutiger verteilt ist der Output bei Zeit Online. Hier erscheinen über den Tag hinweg pro Stunde etwa gleich viele Artikel, die Spitzen in unserem Untersuchungszeitraum liegen um 14 Uhr und um 19 Uhr. Auffällig: Danach geht der Output bis zum frühen Morgen deutlich zurück.

Aus allen Rastern fällt Bild heraus. Während ab 8 Uhr die Anzahl der Artikel zunimmt und sich über den Tag hinweg pro Stunde hält, schlägt der Graph um 21 Uhr aus. Im Untersuchungszeitraum erscheinen am späten Abend insgesamt 300 Artikel. Hier zeigt sich weiterhin eine große Abhängigkeit von der gedruckten Ausgabe. Bei den Veröffentlichungen handelt es sich größtenteils um Artikel, die für die Zeitung des nächsten Tages produziert wurden.

Bei Stern und RND bleibt es nachts still

Die Nachtstunden bespielen viele Publisher unterschiedlich. Bei Bild lässt sich im Januar ein Muster erkennen. Hier konzentriert man sich auf die quotenstarke TV-Sendungen „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, auch Artikel zu Spielen der American-Football-Liga NFL sowie Artikel zu Talksendungen wie Anne Will oder Maybrit Illner werden nach der Fernsehausstrahlung in der Nacht veröffentlicht.

Diese Mischung aus Sport und Berichterstattung über das Fernsehprogramm teilt sich Bild mit vielen weiteren Publishern. Insbesondere über das Dschungelcamp „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ wird zeitnah berichtet. Insgesamt gehen 34 Prozent der Artikel über die Sendung nachts online. Von den untersuchten Publishern haben lediglich Tagesschau, Welt und Zeit Online nicht über die Reality-Show berichtet. Diese vier Publisher, zusammen mit Spiegel und SZ, berichten nachts hingegen mehr über politische Nachrichten aus den USA.

Der Gesamtanteil aller Artikel in den Nachtstunden liegt bei 28 Prozent. Die aktivsten Publisher nachts zwischen 20 Uhr und 8 Uhr sind Bild, Spiegel, FAZ, Welt und Zeit. Die wenigsten Artikel veröffentlichen Stern, SZ und Tagesschau. Bei RND und bei Stern erscheinen in einigen Stunden der Nacht sogar gar keine neuen Artikel. Bei Tagesschau zeigt sich eine starke Fokussierung auf eine Kernzeit zwischen 9 Uhr und 16 Uhr, die sich wohl eher mit Arbeitszeitregelungen, als mit Nutzerzentrierung erklären lassen. Nachts liegt die Anzahl neuer Artikel der Tagesschau im Mittelfeld der untersuchten Publisher.

An diesen Tagen passiert am meisten

Auch die Anzahl neuer Artikel je Wochentag unterscheidet sich teilweise stark voneinander. Auch hier zeigt sich das Festhalten an alten Mustern der analogen Zeitungswelt ohne Wochenendausgabe. Im Durchschnitt sinkt von Wochentagen ins Wochenende die Artikelanzahl bei den untersuchten Publishern um ca. 30 Prozent. Am stärksten ist der Unterschied bei der Süddeutschen Zeitung und Welt mit jeweils ca. 43 Prozent. Bei NTV und Bild hingegen fällt der Unterschied deutlich geringer aus. Dort werden an den Wochenenden nur ca. 14,5 Prozent weniger Artikel online veröffentlicht.

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Die meisten Artikel erscheinen donnerstags und freitags, die wenigsten Artikel an Samstagen und Sonntagen. Unter der Woche werden montags die wenigsten Artikel veröffentlicht. Eine mögliche Erklärung liegt allerdings nicht nur in den Redaktionen selbst. Auch vorgeschaltete Prozesse in den Tickern der Nachrichtenagenturen und die Politik, die an Wochenenden vermeintlich weniger ereignisreich agiert, tragen dazu bei.

Insgesamt zeigt sich, dass einige Publisher sich stärker an die Nutzungsgewohnheiten ihres Publikums anpassen als andere. Dennoch werden auch online noch immer Verhaltensweisen und Muster aus der analogen Zeitungswelt sichtbar, die sich online nicht mit den Nutzern, sondern mehr mit Gewohnheiten der Redaktionen erklären lassen.

Dieser Text erschien zuerst bei Medieninsider.com am 14.02.2023. Er ist im Original hier zu finden.

Über diesen Artikel

Geschrieben von Stefan Paulus

Publiziert am: 4/13/2023, 3:00:00 PM

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